Diesen Beitrag will ich schon seit Mitte März schreiben, habe es bisher aber immer vor mir hergeschoben - auch weil mir klar war, dass er ein wenig länger als sonst werden würde.
Alles fing damit an, dass ich mir in einer Filiale von Rischart, die Ware vom Vortag anbietet, ein Brot kaufen wollte. Auf Nachfrage konnte mir die Verkäuferin allerdings weder selbst die Zutaten für die verschiedenen Brote nennen, noch hatte man eine entsprechende Liste parat. Da ich mein Brot oft in Filialen der Hofpfisterei kaufe, war ich über diesen Missstand sehr verwundert. Die Hofpfisterei informiert in ausführlichen Broschüren exakt über Zutaten in Brot und Backwaren; hier sind übrigens nur zwei der 26 Brote unvegan. Dafür, dass man bei Rischart die Zutaten der Waren nicht kannte, bekam ich die interessante Begründung, es sei ja Ware vom Vortag. Wie diese vermeintliche Begründung mit der Frage zusammenhängt, ist mir bis heute schleierhaft.
Einige Tage später versuchte ich dann, in einer größeren Filiale von Rischart einzukaufen, in der nur tagesaktuelle Produkte angeboten werden. Dort gab es im Kundenbereich ebenfalls keine Informationen zum Inhalt der Brote; allerdings wurde nach einigen Minuten intensiver Nachfrage eine laminierte Liste unter dem Tresen hervorgezogen, auf der die Zutaten aufgelistet sind. Als ich sagte, ich wolle die Liste mit dem Handy abfotografieren, um mich daheim in Ruhe vor dem Einkauf orientieren zu können, wurde mir dies mit der Begründung untersagt, das könne man am Schluss auf dem Handy sowieso nicht lesen. Ich gab an, das selbst entscheiden zu wollen, aber man ließ mich nicht. Also wurde mir vorgeschlagen, man würde mir die Liste im Büro kopieren, was etwa vier Tage dauern sollte. Ich bedankte mich, kam eine Woche später wieder zurück, und niemand wusste, wovon ich sprach. Die Liste wurde mir nicht kopiert, ich ging wieder.
Nun ist es leider so, dass das Gesetz nicht vorschreibt, dass für "lose Ware" wie Brot, Gebäck, Eis, Käse oder Wurst sämtliche Zutaten aufgelistet werden müssen - ganz anders als bei verpackter Ware, auf der eine Liste aller Zutaten abgedruckt sein muss (die mit dem Wort "Zutaten" oder "Zutat" beginnt und die Zutaten nach prozentualem Anteil im Endprodukt absteigend aufführt). Entscheidet sich ein Ladeninhaber gegen die vorbildliche Auflistung der Zutaten im Kundenbereich, müssen lediglich bestimmte Zusatzstoffgruppen kenntlich gemacht werden, zum Beispiel "mit Süßungsmittel" oder "mit Farbstoff". Wenn Produkte solche Zusatzstoffe nicht enthalten, kann es mitunter passieren, dass in einem Laden überhaupt nicht in Erfahrung zu bringen ist, was sich im angebotenen Produkt befindet. Wer in einem solchen Laden Gebäck oder eine Kugel Eis erwirbt, hat praktisch keine Ahnung davon, was das eigentlich ist. Da es im Endeffekt aber einfacher ist, eine Liste mit allen Zutaten irgendwo herumliegen zu haben, als jedes Produkt mit (unattraktiven) Kennzeichnungen zu Allergenen zu versehen, versteckt sich in den meisten Eisdielen und Bäckereien irgendwo mehr oder weniger zugänglich eine für Veganer wertvolle Schatzkarte, die meist alle Zutaten einsehbar macht.
Anhand solcher Listen habe ich schon die gemütliche Erkenntnis gewonnen, dass man veganes Eis nicht so sehr jagen muss, wie es sich viele vorstellen: die meisten Fruchteissorten sind dann vegan, wenn kein Lecitin aus Eigelb verwendet wurde. Und da Speiseeis so gut wie immer diverse deklarierungspflichtige Zusatzstoffgruppen enthält, muss auch meistens irgendwo im Laden etwas schriftliches zu finden sein. Die Backkette Wimmer scheint sich ein Beispiel an der Kundenorientiertheit der Hofpfisterei zu nehmen und druckt für die Brote eine sehr ähnliche Broschüre mit Zutaten und Informationen, die allerdings weniger publik gemacht wird als beim Vorreiter. Was die Backwaren bei Wimmer angeht, habe ich mir neulich in der Früh einen Aktenordner mit Datenblättern zu jedem Gebäck präsentieren lassen. Für Veganer und überhaupt für Menschen, die gerne wissen, was sie essen, ein Muss. Denn bei Wimmer hat selbst eine Breze eine fünfzeilige Zutatenliste, es gibt viele E-Nummern zu bestaunen, und nicht einmal ein Kornspitz ist dort vegan. Die Verkäuferin dazu: "Ein bisschen Milch ist da fast überall drin. Aber schauen sie ruhig in Frieden durch." Ein leckeres Brot und ein paar dunkle Semmeln waren dann aber total in Ordnung.
Aldi listet alle Zutaten für Brote aus dem Brotbackautomaten außen auf den Preisschildern auf und gibt dabei sogar nicht vorgeschriebene Information darüber, dass die Speisefettsäuren pflanzlichen Ursprungs sind. In einer Filiale von Netto City habe ich eine laminierte Zutatenliste im obersten Fach des Brotregals vergraben gefunden, von der selbst die Verkäuferin nichts wusste.
Bei einem ausführlicheren Schriftwechsel mit der Hofpfisterei habe ich übrigens erfahren, dass alle Natursauerteigbrote in denselben Anlagen entstehen. Diese werden zwar nach jeder Brotsorte gereinigt; man kann allerdings nicht vollkommen ausschließen, dass einmal Spuren von Magermilchpulver oder Honig an den Teig der überwiegend veganen Brote geraten. Für mich ist das verkraftbar, ich kaufe derzeit auch andere Produkte, in denen Spuren von Milch enthalten sein können.
Da im Sauerteig Milchsäure vorkommt, hier außerdem der Hinweis: es handelt sich um Milchsäure, die während der Sauerteiggärung entsteht.
An dieser Stelle kann ich nur jeden - ob Veganer oder nicht - ermutigen, sich auf die ein oder andere Weise für eine eindeutigere Kennzeichnung bei offenen Lebensmitteln stark zu machen. Denn auch in Käse und Wurst an der Theke kann (abgesehen von Tod und Elend) noch einiges mehr stecken, das sicher auch die meisten Fans von Tiermord nicht kaufen möchten.
Bei der Hofpfisterei drückt man sich vorsichtig optimistisch aus:
"Einen Leitfaden für die Deklaration speziell für offene Lebensmittel gibt es
bisher noch nicht."
Wow, toller Artikel :) Toll, dass du dir so viel Mühe machst. Es ist echt nervig, dass die Bäckereien so wenig Bescheid wissen und erschreckend, dass so viele Menschen gar nicht wissen (wollen), was so in ihrem Essen drin ist.
AntwortenLöschenIch hab´s gut, ich esse überhaupt kein Brot, sondern ernähre mich "paleo" mit ausschließlich Wildfleisch,da braucht´s überhaupt keinerlei Deklaration. 100 % Fleisch ohne jeden Zusatz,direkt aus Wald und Flur. Toll, nicht wahr ?
AntwortenLöschen@derlernendeveganer: klasse, herzlichen Dank für die Infos!
AntwortenLöschen@anonym: Die Frage nach dem "toll nicht wahr" hast Du Dir ja zum Glück mit dem Besuch auf diesem Veganer-Blogspot bereits selbst beantwortet. Schön, dass Du Dich für die vegane Ernährungsweise interessierst.
Sehr informativ !
AntwortenLöschenSelbst weder Veganerin noch Vegetarierin, meine Tochter allerdings schon, ( nicht nur, aber auch um sie zu unterstützen ) interessieren mich diese Themen zunehmend.
Mit Zutatenlisten "durfte" ich mich schon herumschlagen wegen Ausschlussdiäten und war schockiert, wie wenig mit dem Kunden gegangen wird- der ja nun mal vor allem der ist, der das Geld in den Laden bringt oder eben nicht.
Meine Erfahrung, entweder man wird rundum verwöhnt mit Info's oder es ist nicht mal ein Zettelchen zu finden......
Nicht nur die wachsende Zahl ( so fühlt es sich für mich an ) der Vaganer/innen und Vegetarier/innen, sondern auch die vielen Menschen mit Allergien oder Unverträglichkeiten, für mich unbegreiflich, warum das alles nicht transparenter ist / wird.
Danke für diesen interessanten Artikel! Die mangelnde Kennzeichnung bei Backwaren ist eine Katastrophe, nicht nur für Veganer. Noch schlimmer ist die Situation bei den Billigbäckern und Backstationen. In dem Teig können 200 Zusatzstoffe enthalten sein, die keiner kennt (Geschäftsgeheimnis), und die auch nicht aufgeführt werden müssen. Es gibt es noch viel zu klären .... Vielleicht sollte die nächste Bundesregierung mal ein Ministerium für Verbraucherschutz schaffen ;)
AntwortenLöschenSuper Artikel. Könntest Du evtl. die beiden unveganen Brotsorten der Hofpfisterei benennen? Kaufe auch gerne dort. Meist Pfister Sonne oder Spezial. Danke
AntwortenLöschenSonne und Spezial mag ich auch sehr gern, die sind ja beide vegan.
LöschenIm Walnussbrot ist Honig enthalten. Ich habe mir erklären lassen, dass die Walnusskerne in Honig eingelegt werden, da sie sonst durch den Backvorgang zu bitter werden.
Und im Karottenbrot ist Milch oder Joghurt.
Na auf die beiden Sorten kann ich gut auch weiterhin verzichten.
LöschenDanke und Grüße