Kathi von den Veganchicks hat am Flughafen in Berlin diese Werbung vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie gesehen und sich darüber gewundert. Kein Fleisch mehr zu essen wird hier als genau so sinnvoll eingestuft wie ein Leben ohne Glühbirnen.
Da ich mich darüber auch wundern musste, habe ich den Pressesprecher angeschrieben; zurück kam eine sehr ausführliche Antwort, an deren Schluss dem die Erkenntnis steht: vielleicht war die Werbung ja echt nicht so genial. Aber lest selbst.
"Sehr geehrte Damen und Herren vom Biokraftstoffverband,
ich bin auf Sie
aufmerksam geworden, weil ich eine vermeintliche Werbung von Ihnen gesehen habe,
die sechs verschiedene Optionen für Klimaschützer aufzeigt. Vier davon sind eher
alberner Natur - wie zum Beispiel Luft anhalten - und am Schluss steht die
Option, die Ihnen am liebsten ist: Biokraftstoffe tanken.
Allerdings
versteckt sich unter all den ulkigen Abbildungen auch eine, über die ich mich
sehr wundern muss: kein Fleisch essen.
Ist das für Sie wirklich so abwegig,
so lächerlich wie ein Jahr lang im Dunkeln zu wohnen?
Da Biokraftstoffe sich
an eine umweltbewusste Zielgruppe richten, halte ich Ihre Werbung für völlig
fehlgeleitet. In Deutschland gibt es hunderttausende Vegetarier und Veganer, die
Fleisch aus ethischen, ökologischen und gesundheitlichen Gründen ablehnen.
Dadurch, dass Sie diese Gruppe Menschen durch den Kakao ziehen, schließen Sie
eine besonders attraktive Zielgruppe von Ihrer Werbewirksamkeit aus.
Mit
freundlichen Grüßen"
"vielen Dank für Ihre Mail und Ihr damit zum Ausdruck kommendes Interesse an
unserer Werbung für Biokraftstoffe. Kritische Rückmeldungen zu unserer Werbung
sind sehr willkommen, weil der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie
(VDB) damit seine Position immer wieder hinterfragen muss.
Wir werben
seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Motiven für Biokraftstoffe. Dabei
nutzen wir unterschiedliche Bilder, um auf die Vorteile von Biodiesel und
Bioethanol hinzuweisen. Das von Ihnen kritisierte Motiv mit den Post-Its gehört
zu denen, die einen humorvollen Ansatz haben, um auf das Thema Biokraftstoffe
aufmerksam zu machen - die aber auch zum Nachdenken anregen sollen.
Unter der Überschrift "So werden Sie Klimaretter" zeigen wir in sechs
Motive, wie CO2-Emissionen eingespart werden können. Damit werden dem Betrachter
gleichzeitig Vorschläge gemacht, wie er seine persönliche CO2-Bilanz verbessern
kann. Er kann sich individuell entscheiden, welchen der Vorschläge er annimmt.
Eines der Motive sind selbstverständlich Nonsense - das von Ihnen
angesprochene "Luft anhalten". Die übrigen Vorschläge zielen darauf ab, dass
jeder aufgefordert ist, sein eingeübtes Verhalten zu hinterfragen.
Was
zunächst absurd erscheint wie zum Beispiel das "Auto schieben", hat einen sehr
realistischen und ernsthaften Hintergrund. Um die Klimaschutzziele der EU und
der Bundesregierung zu erreichen ist es aus Sicht des Verbandes dringend
erforderlich, dass auch im Indiviualverkehr ein Umdenken stattfindet, das Auto
stehen gelassen wird und mehr öffentlicher Nah- und Fernverkehr genutzt wird.
"nicht heizen" ist ein weiteres Bild. Auch hier steht hinter dem
freundlich-fröhlichen Bild einer Frau mit Zipfelmütze auf dem Kopf ein ernster
Gedanke: Die Energiewende betrifft alle Energiebereich, nicht nur den Strom, der
nach Fukushima im Vordergrund steht. Der Wärmebereich wird bisher von der
Politik kaum behandelt, hier bestehen große Energie- und
CO2-Verminderungspotentiale. Im Wärmebereich kann jeder Einzelne sein
individuelles Verhalten überprüfen und gegebenenfalls ändern, deshalb das Motiv
mit der Zipfelmütze.
Sie hatten das Motiv "kein Fleisch essen" zum
Anlass genommen, uns zu schreiben. Der hohe Fleischkonsum in den
Industrieländern ist ein wesentlicher Treiber für Regenwaldabholzung. Insofern
verstehen wir dieses Bild als Symbol und meinen es mit dem Verzicht auf
Fleischkonsum ernster, als es Ihnen erschien. Klar ist: Jeder muss selbst
entscheiden, ob er Klimaschützer werden möchte, Möglichkeiten dazu gibt es
einige.
Sie haben in Ihrer Mail die Werbewirksamkeit des Plakates
hinterfragt, weil die Motive eine wichtige Zielgruppe ausschließe. Nun hat es
vieler Worte von mir bedurft, um die Werbung zu erklären - insofern könnten Sie
Recht haben. Ich verstehe die Werbung aber weiterhin mit einem Augenzwinkern,
finde, dass sie zum Nachdenken anregt und hoffe, dass sich Vegetarier und
Veganer nicht angegriffen fühlen, denn das wäre nicht gewollt.
Rufen Sie
gerne an, wenn Sie weiter diskutieren wollen!
Mit freundlichen Grüßen"
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